Zeit


Zeit
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Was ist die Zeit? Eine Frage, mit der wir im jungen Alter, etwa zwölf, noch kreativ und spielerisch umgehen. Im hohen Alter und im ausgewählten Arbeitsfeld dagegen bekommt die Frage selbst bereits einen Kontext in dem sie gestellt und beantwortet wird. Physik, Psychologie, Theologie, Philosophie, usw.
Wann haben wir in der heutigen Zeit noch die Zeit unsere Umwelt selbstgestaltend in Gedanken zu begegnen, d.h. frei von Vorgaben - dafür in ihren Annahmen selbst zweckgebunden gewählt. Denken wir die Zeit frei.

Die Zeit gebrauchen wir in drei Modi: Vergangenheit. Gegenwart. Zukunft.
Dann oft bestimmt durch Zahlen, d.h. mit gewissen Daten: Ein Termin, an den man sich noch erinnert. Ein Meeting, in dem man sich gerade befindet. Der Geburtstag, den man sehnsüchtig erwartet. Es handelt sich dabei um eine gerade Linie mit fes-ten Zahlen markiert, wobei die Gegenwart als Punkt darauf unaufhaltsam nach vorne gleitet.
Sind unsere Erinnerungen an die Vergangenheit und die Erwartung an die Zukunft nicht für Synchronisationen gedacht, d.h. nicht an Zahlen gebunden, dann trifft uns Zeit in ihren unbestimmten Modi. Vielleicht kommt Ihnen Ihr fortgeschrittenes Alter als unaufhaltsamer Wind aus der Zukunft entgegen oder ein schöner Moment der Kindheit lässt Sie sich geküsst fühlen. Die Gegenwart verbindet dementsprechend die beiden Pole - Vergangenheit und Zukunft - und lässt den einen in den anderen quellen; oder tropfen?
Sie hat tatsächlich auch einen tropfenden und zähen Charakter. Als Student kennen Sie vielleicht die Klausurzeiten, in denen einige Wochen als Ganzes unzertrennlich erlebt wurden. Erst mit der letzten Klausur scheint sich die Gegenwart verändert zu haben. Als Schüler hatten Sie eventuell Abschlussprüfungen oder als Arbeitnehmer Projekte, in denen die Zeit scheinbar stehen geblieben ist. Solche Erlebnisse würde ich der Dauer zuordnen. In der Dauer verlängert sich die Gegenwart in die Vergangenheit hinein, bis sie irgendwann abreist.
Verallgemeinern wir unsere Darstellungen der Zeit, die wir oben besprochen haben. Sie erlaubt uns den Umgang im Allgemeinen mit Veränderung aller Art, etwa wenn wir unsere Zukunft planen und diesen Plan mit der Vergangenheit durch unsere Erinnerung in Einklang bringen, damit dieser auch gelingt. Die Zeit hilft uns durch die drei unterschiedlichen Perspektiven auf Veränderung unser einzustellen. Die Frage, ob die Welt wirklich zeitlich ist, soll uns heute nicht interessieren. Wir halten einfach fest, dass Zeit die dreifache Perspektive auf Veränderung ist.

Veränderung ist im Alltag in ihrer schönsten Form durch Zwecke und Prinzipien charakterisiert - was nicht heißen soll, dass das missbraucht werden kann - während sie in ihrem unfassbaren Aspekt - sprich übersehene Veränderung - in der Sprache keinen Halt findet: Wir beharren auf gewisse Handlungen und rufen uns gewisse Gedanken ins Gedächtnis, um zur bestimmten Veränderung zu gelangen, etwa wenn wir unseren Geist oder Körper trainieren, in dem wir wiederholte Bewegungen oder Gedanken durchführen; indem wir auf etwas bauen, halten wir uns an ein bestimmtes Konstrukt oder eine Funktion. Bis unser Tun ergibt, was wir wollen.
Wir treffen uns in Vereinen, um uns geistig oder auch körperlich in Rahmen von bestimmten Regeln zu verbessern, also zu ändern. Wir legen Gesetze auf, um die Gesellschaft aus einem bestimmten Verhalten heraus oder hinein zubewegen.
Wir könnten sagen, dass Beharrung Veränderung hervorruft, sowie ein Stein in einem Fluss das Wasser verdrängt und umleitet. Wie das mit den Naturwissenschaften zusammenhängt soll hier nicht weiter diskutiert werden, aber so viel sei erwähnt, dass die Naturgesetze als unveränderbare Prinzipien durch die, die Dinge aufeinander wirken, Veränderung hervorrufen. Aus dieser Sicht bleibt der Satz, dass Beharrung Veränderung hervorruft weiterhin korrekt. Es wäre interessant an einer anderen Stelle diese Aussage mit der Physik, Biologie usw. zu verbinden.
Jede Art der Beharrung ruft eine Veränderung hervor. Umgekehrt fragen wir uns - setzt jede Veränderung etwas Unverändertes voraus? Entsteht Veränderung durch "Behar-rung"? Nach einer festgestellten Veränderung sucht der Mensch meist nach Grün-den. Wir können oft gar nichts anderes tun, als mindestens einen Grund vorauszu-setzen, den wir nur noch innerhalb gewählter Annahmen zu finden haben. Eine Veränderung ohne Grund würde für uns einem Wunder gleichen. Allein diese Feststellung reicht für uns zu behaupten, dass Veränderung Beharrung voraussetzt, denn erkennen wir dieselbige Veränderung ein anderes Mal, dann folgern wir, dass es der selbe Grund sein muss. Haben wir den Grund erkannt, dann können wir die Veränderung vorhersehen oder gar hervorrufen. Halten wir fest: Ohne "Beharrung" gibt es keine Veränderung.

Aus den beiden Sätzen "Die Zeit ist die dreifache Perspektive auf Veränderung" und "Ohne Beharrung gibt es keine Veränderung", können wir nun sagen, dass ohne "Beharrung" keine Zeit existiert, denn die Zeit ist die dreifache Perspektive auf Veränderung. Ein Teil der Zeit fließt dementsprechend gar nicht.

Beim nächsten Mal überprüfen wir, inwiefern wir beiden Aussagen oben auf unser Leben anwenden können, denn es lässt sich damit kreativ folgern.
Etwa: Da die Zeit solange wir leben fließt, d.h. wir erleben Veränderung an uns an der Außenwelt, muss es etwas "Beharrliches" von Anfang bis zum Ende unseres Lebens geben haben, denn unsere Geburt heißt Veränderung, bis wir sterben.
Ab dem Moment des Todes erleben wir keine Veränderung mehr, sodass die "Beharrung" am Anfang unseres Lebens sich verändert haben muss.
Womöglich ist die Zeit nur ein unveränderbarer Punkt, wenn man die Veränderung der Welt von an Anfang an betrachtet. Sie steht still, für das Auge unsichtbar, und stets auf sich selbst hinweisend.


arash, April 2015

Literatur:













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